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203. Gut oder böse, wir sind vor allem Menschen

  • Timmermannsweg 75, Ysselsteyn, Nederland

Wie schwierig ist es eigentlich, sich mit dem Feind zu versöhnen? Wie viele Generationen braucht man dafür? Hier auf dem Friedhof Ysselsteyn arbeitete Lodewijk Johannes Timmermans 28 Jahre lang unaufhörlich an der Versöhnung zwischen den Niederlanden und Deutschland. Und das, obwohl er selbst von einer deutschen Mine schwer verwundet worden war.

Auf Bitte der Amerikaner wird kurz nach dem Zweiten Weltkrieg damit begonnen, deutsche Soldaten an einem zentralen Ort in den Niederlanden zu begraben oder dorthin umzubetten. Die niederländische Regierung weist dafür ein Grundstück in Ysselsteyn (Provinz Limburg) an. Auf diesem Gelände wächst allmählich ein riesiger, beeindruckender Friedhof, auf dem letztlich rund 31.500 deutsche Gefallene aus dem Zweiten Weltkrieg ihre letzte Ruhestätte finden. Sie werden aus verschiedensten Orten von Ameland bis Maastricht hierhergebracht – oftmals ohne jegliche Identifizierung. Denn in der Hektik des Krieges hatten die deutschen Soldaten, die sich um diese Gefallenen kümmern sollten, häufig keine Zeit, ihre Kameraden zu identifizieren oder ihnen ein Begräbnis „mit militärischen Ehren“ zu bieten. Sie hatten ganz andere Sorgen und mussten meist zusehen, dass sie ihr eigenes Leben retteten. Das erklärt ansatzweise die große Zahl der Grabkreuze, auf denen man liest „Ein unbekannter Soldat“.

Hauptmann a.D. Lodewijk Johannes Timmermans setzte sich von 1948 bis zu seiner Pensionierung 1976 dafür ein, diese unbekannten Soldaten zu identifizieren, ihnen ein würdiges Grab zu schaffen, ihre nächsten Verwandten ausfindig zu machen und zu informieren. Darüber hinaus bot er Führungen an und engagierte sich unermüdlich für die Versöhnung zwischen den Niederlanden und Deutschland.

Und obwohl er selbst Opfer einer deutschen Mine geworden war, wodurch er monatelang erblindet war, hegte er keinerlei Rachegefühle gegen den Feind. Er kam aus einer sozial engagierten Familie, in der die menschliche Würde als hohes Gut galt. Zudem hatte ein deutscher Soldat ihn monatelang gepflegt, als er noch nicht wieder sehen konnte.

Aufrecht Gehen
Aufrecht gehen ist eine deutsche Theater-Audiotour, die in 2017 an der Kriegsgräberstätte in Weeze per App zu hören ist. Diese Audio unterstützte Begehung der Kriegsgräberstätte hat in den Niederlanden und in Belgien die Hörer tief beeindruckt. Aufrecht gehen mit der kostenlosen App ist für Ihre Ohren gedacht, wobei jeder Gehör findet. Welche Grenzen bestimmen, ob du ein Held, Täter oder Opfer bist? Wer bestimmt das?

Aufrecht gehen erzählt Erzählungen, die bisher kein Gehör gefunden haben und die alle denkbaren Grenzen beim Nachdenken und Sprechen über Freiheit und Frieden überwinden. Gerade hier – gerade jetzt. Sind Sie bereit Ihren Horizont zu erweitern?
Wenn Sie sich die Geschichte anhören möchten, klicken Sie bitte hier und laden Sie die App herunter.

203. Gut oder böse, wir sind vor allem Menschen